Kurz und knapp: Worum geht’s?
Ein in Süddeutschland weitverbreiteter Hochzeitsbrauch: in einem unbeobachteten Moment wird die Braut von der Hochzeit entführt. Die Entführer begeben sich mit der Frischangetrauten in eine Gaststätte oder Bar. Der Bräutigam wird über die Entführung informiert und muss, mit Hilfe kleiner Tipps und Hinweise, den Aufenthaltsort seiner Braut herausfinden und sie dort auslösen. Lese weiter für detaillierte Informationen zum Ablauf der Brautentführung.
Die Braut entführen: wie läuft das ab?
In einem unbeobachteten Moment wird die Braut von einem oder mehreren Entführern aus der Hochzeitsgesellschaft weggelockt. Das kann bei einem Tanz geschehen, oder Eingeweihte lenken den Bräutigam ab, während sich die Entführer ans Werk machen. Haben sie schließlich mit der Frischangetrauten den Raum verlassen, begeben sie sich in eine Gaststätte, ein Café oder eine Bar und zechen dort zusammen mit der Braut fröhlich weiter.
Entweder bleibt die kleine Gesellschaft der Brautentführer in einem Lokal, oder es wird nur ein Getränk genommen und anschließend in die nächste Gaststätte weitergezogen. Wenn der Bräutigam seine Herzallerliebste zurückhaben möchte, muss er sie auslösen. Das heißt in den meisten Fällen, dass er die Zeche, die Braut und Entführer hinterlassen haben, bezahlen muss. Es kann aber auch sein, dass er sich einigen Aufgaben stellen muss, um seine Frau wiederzubekommen. Hat der Bräutigam seine Angetraute freigekauft, trinkt er eine letzte Runde mit den Entführern und anschließend kehren alle zur Hochzeitsfeier zurück.
Wichtig: Bevor du dich zum Entführen der Braut entschließt, solltest du mit dem zukünftigen Ehepaar schon bei der Planung der Hochzeit abklären, wie das Hochzeitspaar diesem Brauch gegenübersteht. Mag das Brautpaar diese Sitte nicht, solltest du das respektieren und auf diesen Hochzeitsbrauch verzichten.
Wann wird die Braut entführt?
Möchtet ihr auf der Hochzeit die Braut entführen, so ist es wichtig, dies vorab mit allen abzusprechen, die an der Organisation des Festes beteiligt sind. Es wäre schade, wenn die Hochzeitsfeier durcheinandergeriete, weil geplante Attraktionen, der Fototermin oder die Hochzeitsrede wegen der Abwesenheit des Brautpaares verschoben werden müssten. Oft ist die Zeit nach dem Mittagessen oder dem Kaffeetrinken für deinen Zweck am besten geeignet, weil sich dann die übrigen Hochzeitsgäste kurz die Beine vertreten können, ohne etwas Wichtiges zu verpassen. Auch der Zeitpunkt nach dem Abendessen wird häufig für die Entführung der Braut gewählt.
Wichtig ist es, den idealen Moment abzupassen: perfekt ist es, wenn der Bräutigam zunächst nichts mitbekommt, dafür aber möglichst viele Hochzeitsgäste.
Wie wird der Bräutigam informiert?
Es ist natürlich unwahrscheinlich, dass er allzu lange braucht, um die fehlende Braut zu bemerken. Daher sollte man nicht zu viel Zeit verlieren. Denn es ist oft lustiger, ihm zuvorzukommen und ihn auf originelle Weise von der Brautentführung in Kenntnis zu setzen. Zwei Ideen:
In manchen Gegenden ist es Brauch, ihm dazu einen als Braut verkleideten Besen in die Hand zu drücken oder besonders gut sichtbar zu platzieren. An der Attrappe könnt ihr noch einen lustig gestalteten Erpresserbrief befestigen, den der Bräutigam laut vorliest.
Ihr sendet dem Bräutigam ein Bild auf sein Smartphone. Dazu erstellt ihr (vor der Hochzeit) eine Lösegeldforderung, beispielsweise wie einen Steckbrief, mit einem Foto der Braut. Diese Nachricht kann gleichzeitig einen ersten Hinweis erhalten, wie der frisch gebackene Ehemann seine Angetraute wieder in den Händen halten kann.
Assistenz für den Frischvermählten
Damit sich die Brautentführung nicht allzu lange hinzieht und sich die zurückgebliebenen Hochzeitsgäste nicht langweilen, sollte dem Brauch ein zeitliches Limit gesetzt werden. Ist die Braut nach längstens einer Stunde noch nicht gefunden, muss ein Eingeweihter dem Bräutigam einen eindeutigen Hinweis zuspielen.
Natürlich sind auch schon während der Entführung kleine Tipps sehr wichtig, denn schließlich ist der Frischvermählte ja kein Hellseher. Am besten ziehst du als Entführer jemanden ins Vertrauen, der als Dr. Watson gemeinsam mit ihm auf Brautsuche geht und ihn dann unauffällig ins richtige Lokal leitet. Alternativ könnt ihr dem Bräutigam auch ein Foto seiner Herzdame vor dem Eingang des Lokals auf sein Handy schicken.
Wenn die Braut und ihre Entführer mehrere Lokale aufsuchen ohne die Zeche zu bezahlen, sollten sie dem Wirt ihre Anschrift geben, falls der Bräutigam nicht auftaucht. Alternativ könnt ihr als Entführer einem beunruhigten Wirt ein Pfand hinterlassen oder nur Gaststätten aufsuchen, in denen das Brautpaar bekannt ist.
Tipps für eine lustige Brautentführung
Damit die Braut und ihre Entführer, während sie auf den Ehemann warten, nicht allzu tief ins Glas schauen, kannst du kleine Spiele organisieren, die zwischen jeder neuen Getränkerunde gespielt werden. Vielleicht hat der Wirt eine Gitarre zur Hand (die kannst du ja im Vorfeld in der Gaststätte deponieren) und ihr könnt zwischen jeder Runde der Braut ein lustiges Ständchen bringen. Am besten ist es, wenn alle Entführer eingeweiht sind und sich schon vorher ein originelles Liedchen einfallen lassen.
Wenn der Bräutigam endlich im Lokal angekommen ist, sollte er seine Angetraute nicht so einfach in die Arme schließen dürfen. Neben dem Zahlen der Zeche hat seine Braut drei Wünsche frei, die er ihr erfüllen muss. Sie kann sich beispielsweise wünschen, dass er sich noch einmal vor ihr niederkniet und ihr seine Liebe beteuert. Oder sie wünscht sich, dass er sie auf seinen Armen aus der Bar trägt.
Vielleicht lässt du den Bräutigam aber auch beweisen, dass er seine Braut in- und auswendig kennt, indem du ein kleines Erkennungsspiel (klassische Hochzeitsspiele) veranstaltest. Dazu müssen sich fünf oder sechs Personen, unter ihnen auch die Braut, in einer Reihe aufstellen. Der Ehemann bekommt die Augen verbunden und muss, indem er nur die Nasen der Personen befühlt, herausfinden, wer seine Angetraute ist.
Ein netter Abschluss für die Brautentführung ist es, wenn das Brautpaar einen Walzer tanzend die Gaststätte verlässt. Alternativ kann auch eine Polonaise gebildet werden und das Ehepaar wird von den Gästen des Lokals zur Tür hinausbegleitet.
Woher kommt der Brauch eigentlich?
Wie es zu dem vor allem in Süddeutschland und Österreich weitverbreiteten Brauch kam, auf der Hochzeit die Braut zu entführen, lässt sich heute nicht mehr genau nachvollziehen. Einige Quellen behaupten, dass im Mittelalter der Adel bei den Bräuten seiner Untergebenen das Recht der ersten Nacht hatte. Die Frischangetrauten wurden dazu von den Vasallen aus der Hochzeit entführt.
Es kann aber auch sein, dass die Brautentführung als Mahnung an den Bräutigam verstanden wurde, auf seine Angetraute immer gut aufzupassen. Nach einer dritten Variante symbolisiert das Ritual das Loslösen der Braut aus dem Elternhaus. Oder aber sie verdeutlicht, wie groß die Liebe des Bräutigams zu seiner frisch gebackenen Ehefrau ist. Dabei gilt, je eher der Ehemann seine Gattin findet und aus den Händen der Entführer befreit, umso stärker ist seine Liebe. Welchen Ursprung auch immer diese Sitte haben mag, eines ist sicher: Sie bringt der Braut und ihren Entführern viel Spaß.
Der komplette Überblick: Wichtige Hochzeitsbräuche & Rituale.